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Femizide – Das Herauskristallisieren eines Begriffs in Recht, Medien und Praxis

Letzten Donnerstag, am Vorabend des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen, hat das Sicherheitspolitische Forum (SPF) eine Podiumsdiskussion zu einem traurigen, jedoch realen Problem veranstaltet. Wir durften vier Expertinnen aus den Bereichen Praxis, Medien und Recht im SQUARE begrüssen, um das Phänomen “Femizid” zu eruieren. Zu Beginn fand eine Einleitung durch Prof. Dr. Monika Schröttle (Schwerpunkt Gender, Gewalt und Menschenrechte und unter anderem Co-Leiterin des European Observatory on Femicide) statt. Durch ihr gerade erst abgeschlossenes Forschungsprojekt zu Femiziden in europäischen Ländern konnte sie der darauffolgenden Diskussion eine faktenbasierte Grundlage bieten und vermittelte uns die wichtigsten Erkenntnisse ihrer Studie. Nach der Einleitung übernahm Prof. Dr. Christa Binswanger (Schwerpunkt Geschlechterforschung, Intersektionalität, Sexualität, Gewalt) die Moderation der Podiumsdiskussion und leitete den Diskurs über dieses komplexe Thema ein. Anwesend waren Prof. Dr. Nora Markwalder (Assistenzprofessorin für Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminologie; Forschung im Bereich der Tötungsdelikte, auch speziell an Frauen), Sylke Gruhnwald (Co-Leiterin des Forschungsprojekts Stop-Femizid und etablierte Journalistin der Republik) und Monica Reinhart (langjährige Beraterin bei der Opferhilfe St. Gallen). Die drei Expertinnen konnten dank ihrer langjährigen Tätigkeiten wichtige Erfahrungen weitergeben. Beispielsweise erklärte Prof. Dr. Markwalder, dass zwar die Anzahl der Tötungsdelikte an Männern seit dem 19. Jahrhundert auffallend gesunken sei, die Bilanz der Tötungen an Frauen jedoch relativ stabil blieb, wenn auch unter dem Niveau der Männer. Frau Reinhart erläuterte daraufhin die Abläufe in der Praxis, vor allem ging sie auf die Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden ein. Sie erklärte, dass die Polizei auf die Schwierigkeit der häuslichen Gewalt (und Femizide als letzte Handlung) ausdrücklich sensibilisiert wird. Ausserdem ging sie auf die Erweiterungen der gesetzlichen Grundlage für Opfer von häuslicher Gewalt in den letzten Jahren ein. Als Vertreterin der Medien konnte Frau Gruhnwald einen Blick in die Rolle der Journalist*innen im Femizid-Diskurs gewähren. Sie wies darauf hin, dass Medien die Hinterbliebenen durch aggressive Recherchearbeiten retraumatisieren können. Dies verdeutlicht somit eine gewisse Macht, über welche Zeitungshäuser verfügen und mit welcher diese sorgsam umzugehen haben. Sie hofft auf eine jüngere Generation von Reporter*innen, welche ihre Arbeit sensibilisierter ausführen werden. Im Anschluss konnten sich die Anwesenden bei einem reichhaltigen Apéro über das neue Wissen austauschen und weiter diskutieren. Das SPF dankt allen Referentinnen und der Moderatorin herzlichst für den Wissensaustausch und für ihren wertvollen Beitrag zu diesem spannenden Abend. Das Event schien ein Licht auf die dunklen Seiten intimer zwischenmenschlicher Beziehungen. Der Kontrast und das Zusammenspiel zwischen Liebe und Aggression, welche das Eigenheim ironischerweise oft zu einem Ort der Unsicherheit machen, wurde während der Diskussion erschreckend klar.

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